Aleksandr Apsit ist einer der maßgeblichen Begründer der sowjetischen Plakatkunst, der sein Schaffen in den Dienst der politischen Agitation stellte.
Vor der Revolution arbeitete der gelernte Graphiker und Zeichner für verschiedene populäre Petersburger Zeitschriften ("Rodina", "Niva") und satirische Journale. Seit 1904 verband er sein künstlerisches Schicksal mit dem Moskauer Verlagshaus I. Sytin, das sich auf Bücher und Luboks in Massenauflagen für breite Bevölkerungsschichten spezialisiert hatte.Apsit fertigte in dieser Zeit auch Buchillustrationen (u. a. zu Werken von Tolstoj, Gor'kij, Čechov und Leskov) und Bucheinbände an, entwarf Kalender, produzierte Luboks und Reklameplakate, wobei er dem künstlerischen Geschmack breiter Kundenkreise entgegenkam. "Er arbeitete erstaunlich leicht und schnell, arbeitete fast für das ganze vorrevolutionäre Moskau", erinnerte sich der Künstler I. Pavlov, fügte jedoch kritisch hinzu, daß es Apsits Zeichnungen bei aller Dekorativität "an der Kultur wahrer Kunst mangele". {Павлов И. Жизнь русского гравера/ Ред. и вступ. ст. М. П. Сокольникова. М., 1963, С. 151} Die vorrevolutionären Plakate Apsits sind entweder im Stil des Lubok gehalten wie etwa seine Plakate zum Ersten Weltkrieg oder aber wie seine Filmplakate im Jugendstil gestaltet. Apsit war Mitglied des künstlerischen Kreises "Sreda" [Mittwoch] (Moskau 1897 - 1924) und gehörte zu den Gründern der Moskauer Künstlerischen Gesellschaft (1913 - 1917).
Unmittelbar nach der Oktoberrevolution wurde Apsit, der durch seine Kriegsplakate mit politischer Propaganda vertraut war, vom Verlag des Zentralen Exekutivkomitees der Sowjetischen Regierung (VCIK) aufgefordert, Revolutionsplakate zu entwerfen. Dieser Verlag produzierte ab Herbst 1919 als erster Verlag revolutionäre Plakate. In seinem Auftrag konzipierte Apsit eine Plakatserie, die die Volksaufstände im alten Rußland zum Thema hatte. Die von Apsit entworfenen Plakate standen noch stark unter dem Einfluß des Lubok, d.h. es handelte sich um detailreiche, farblich fein abgestufte Zeichnungen mit vielen Figuren, die von erläuternden Texten begleitet wurden. Apsit interessierte vor allem das kollektive Bild von Volksmassen. Dieses Thema sollte ihn auch in seinen folgenden Plakaten beschäftigen, die der eigentlichen Propagierung der Revolution gewidmet waren.
Seine frühen feierlich-triumphalen Kompositionen (z.B. Ein Jahr proletarischer Diktatur), die sich manchmal durch überladene Fülle von Personen auszeichnen, waren von einer allegorischen Bildsprache geprägt, wobei die Revolution durch die Figur eines "Jünglings mit Fackel auf einem geflügelten weißen Pferd" verkörpert und der Kapitalismus durch das Motiv eines schlangenartigen Ungeheuers dargestellt wurde. Apsit griff bei dieser Darstellung des Kapitalismus auf die im Lubok traditionell ausgeprägten Motive der Schlange bzw. der Hydra zurück, die vormals symbolisch die Gefahren des Alkoholismus versinnbildlichen sollten.
In den Jahren nach der Revolution schuf Aleksandr Apsit Symbole und Metaphern, die in der späteren Revolutionskunst weite Verbreitung finden sollten, so z.B. die von einer roten Fahne eingehüllte Erdkugel (Erster Mai). Besonders auffällig im Hinblick auf revolutionäre Symbolik war das Plakat "Ein Jahr proletarischer Diktatur", das als Meilenstein der sowjetischen Plakatgeschichte gelten kann. In diesem Plakat, entworfen zum ersten Jahrestag der Oktoberrevolution, fanden die wichtigsten Elemente der Bildsprache des Revolutionsplakats ihren Niederschlag: die neuen Protagonisten (Arbeiter und Bauer), die Attribute ihrer Arbeit sowie die Embleme des gestürzten Zarismus, die Vision einer hellen industrialisierten Zukunft, die Motive des feiertäglichen Umzugs und der Sonne, schließlich neue Prinzipien der Zeit- und Raumgestaltung (Bühnenaufbau). Dabei läßt dieses Plakat Einflüsse der Buchgraphik erkennen und ist im realistischen Stil einer Zeichnung gehalten.
Obwohl Apsit diesem graphischen Stil im Prinzip treu blieb, variierte er seine gestalterischen Ausdrucksmitttel je nach künstlerischer Aufgabe. Ging es um die Vermittlung von Ereignissen oder Fakten, orientierte er sich an Prinzipien des mehrbildrigen Luboks oder an detailreichen Zeichnungen, da diese Gestaltungsformen für breite Rezipientenkreise am verständlichsten waren.
Mit seinen stark appellativ wirkenden Agitatationsplakaten aus der Frühphase des Bürgerkriegs wurde der Stil Apsits zunehmend lakonischer und konzentrierte sich auf wesentliche Propagandainhalte. Anstelle allegorischer Darstellungen verwendete Apsit vor allem realistische Motive, Figuren in Großaufnahme und in dynamischer Position.
Eine Meisterleistung in puncto lakonische Bildgestaltung und Agitationskraft erzielte Apsit mit dem Plakat "Mit der Brust [unter Einsatz des eigenen Lebens] Petrograd schützen". Das Plakat entstand in der militärisch äußerst kritischen Lage im Herbst 1919, als Truppen General Judeničs auf Petrograd vorrückten. In nur 24 Stunden fertigte Apsit das Original an, das als monochrome Lithographie vervielfältigt wurde. Die Gefährlichkeit der Situation und die unmittelbare Plausibilität des Appells erforderten keine allegorische, sondern eine unmittelbar einsichtige graphische Lösung, d.h. eine realistisch wirkende Darstellung der Verteidiger Petrograds. Der Künstler präsentierte diese in Großaufnahme, wodurch einerseits die emotionale Wirkung des Plakats gesteigert, andererseits der Eindruck unbedingter Entschlossenheit hervorgerufen wurde. Dieser Eindruck sollte durch eine asketische Farbgebung noch verstärkt werden. Auch trug die kompositorische Gestaltung mit ihrer starken Betonung einer perspektivischen Reihung der Soldatenfiguren zu diesem Effekt bei. Das Plakat wurde damit zum Appell par excellence, der verzweifelte Aufruf der Soldaten nahm in der Losung Gestalt an. Die Bleistiftzeichnung verlieh der Darstellung noch zusätzlich dokumentarischen Charakter. Durch seine starke Emotionalität und Expressivität fügte sich dieses Plakat in die Reihe klassischer Werke der Agitationskunst ein und übte auf ganze Generationen von Plakatkünstlern einen starken Einfluß aus.
In den Jahren 1918 - 1919 entwarf Apsit eine große Anzahl von Plakaten, die er unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlichte (Aspid, A-t, A. Petrov, Skif). Seine Tätigkeit als einer der führenden Plakatkünstler der Revolution riß jedoch plötzlich ab; 1919 verließ Apsit während des Vormarsches General Denikins fluchtartig Moskau, dann verlieren sich zunächst seine Spuren. Nach dem Bürgerkrieg tauchte Apsit wieder in seiner alten Heimat Lettland auf, wo er seine Arbeit vor allem als Buchillustrator fortsetzte. An die künstlerischen Erfolge der Jahre 1918 - 1919, mit denen er seinen bedeutenden Beitrag zur Geschichte der sowjetischen Agitationskunst leistete, konnte er jedoch nicht anschließen. 1939 übersiedelte Apsit in das nationalsozialistische Deutschland, wo er auch 1944 starb. Über seine letzten Lebensjahre ist nur wenig bekannt. In der UdSSR wurde Apsit in den 30er und 40er Jahren verfemt und seine Plakatkunst wegen ihres traditionellen und vor allem allegorischen Charakters gebrandmarkt. Erst in den 60er Jahren sollte Aleksandr Apsit in der Sowjetunion künstlerisch wieder rehabilitiert werden.
Vor der Revolution arbeitete der gelernte Graphiker und Zeichner für verschiedene populäre Petersburger Zeitschriften ("Rodina", "Niva") und satirische Journale. Seit 1904 verband er sein künstlerisches Schicksal mit dem Moskauer Verlagshaus I. Sytin, das sich auf Bücher und Luboks in Massenauflagen für breite Bevölkerungsschichten spezialisiert hatte.Apsit fertigte in dieser Zeit auch Buchillustrationen (u. a. zu Werken von Tolstoj, Gor'kij, Čechov und Leskov) und Bucheinbände an, entwarf Kalender, produzierte Luboks und Reklameplakate, wobei er dem künstlerischen Geschmack breiter Kundenkreise entgegenkam. "Er arbeitete erstaunlich leicht und schnell, arbeitete fast für das ganze vorrevolutionäre Moskau", erinnerte sich der Künstler I. Pavlov, fügte jedoch kritisch hinzu, daß es Apsits Zeichnungen bei aller Dekorativität "an der Kultur wahrer Kunst mangele". {Павлов И. Жизнь русского гравера/ Ред. и вступ. ст. М. П. Сокольникова. М., 1963, С. 151} Die vorrevolutionären Plakate Apsits sind entweder im Stil des Lubok gehalten wie etwa seine Plakate zum Ersten Weltkrieg oder aber wie seine Filmplakate im Jugendstil gestaltet. Apsit war Mitglied des künstlerischen Kreises "Sreda" [Mittwoch] (Moskau 1897 - 1924) und gehörte zu den Gründern der Moskauer Künstlerischen Gesellschaft (1913 - 1917).
Unmittelbar nach der Oktoberrevolution wurde Apsit, der durch seine Kriegsplakate mit politischer Propaganda vertraut war, vom Verlag des Zentralen Exekutivkomitees der Sowjetischen Regierung (VCIK) aufgefordert, Revolutionsplakate zu entwerfen. Dieser Verlag produzierte ab Herbst 1919 als erster Verlag revolutionäre Plakate. In seinem Auftrag konzipierte Apsit eine Plakatserie, die die Volksaufstände im alten Rußland zum Thema hatte. Die von Apsit entworfenen Plakate standen noch stark unter dem Einfluß des Lubok, d.h. es handelte sich um detailreiche, farblich fein abgestufte Zeichnungen mit vielen Figuren, die von erläuternden Texten begleitet wurden. Apsit interessierte vor allem das kollektive Bild von Volksmassen. Dieses Thema sollte ihn auch in seinen folgenden Plakaten beschäftigen, die der eigentlichen Propagierung der Revolution gewidmet waren.
Seine frühen feierlich-triumphalen Kompositionen (z.B. Ein Jahr proletarischer Diktatur), die sich manchmal durch überladene Fülle von Personen auszeichnen, waren von einer allegorischen Bildsprache geprägt, wobei die Revolution durch die Figur eines "Jünglings mit Fackel auf einem geflügelten weißen Pferd" verkörpert und der Kapitalismus durch das Motiv eines schlangenartigen Ungeheuers dargestellt wurde. Apsit griff bei dieser Darstellung des Kapitalismus auf die im Lubok traditionell ausgeprägten Motive der Schlange bzw. der Hydra zurück, die vormals symbolisch die Gefahren des Alkoholismus versinnbildlichen sollten.
In den Jahren nach der Revolution schuf Aleksandr Apsit Symbole und Metaphern, die in der späteren Revolutionskunst weite Verbreitung finden sollten, so z.B. die von einer roten Fahne eingehüllte Erdkugel (Erster Mai). Besonders auffällig im Hinblick auf revolutionäre Symbolik war das Plakat "Ein Jahr proletarischer Diktatur", das als Meilenstein der sowjetischen Plakatgeschichte gelten kann. In diesem Plakat, entworfen zum ersten Jahrestag der Oktoberrevolution, fanden die wichtigsten Elemente der Bildsprache des Revolutionsplakats ihren Niederschlag: die neuen Protagonisten (Arbeiter und Bauer), die Attribute ihrer Arbeit sowie die Embleme des gestürzten Zarismus, die Vision einer hellen industrialisierten Zukunft, die Motive des feiertäglichen Umzugs und der Sonne, schließlich neue Prinzipien der Zeit- und Raumgestaltung (Bühnenaufbau). Dabei läßt dieses Plakat Einflüsse der Buchgraphik erkennen und ist im realistischen Stil einer Zeichnung gehalten.
Obwohl Apsit diesem graphischen Stil im Prinzip treu blieb, variierte er seine gestalterischen Ausdrucksmitttel je nach künstlerischer Aufgabe. Ging es um die Vermittlung von Ereignissen oder Fakten, orientierte er sich an Prinzipien des mehrbildrigen Luboks oder an detailreichen Zeichnungen, da diese Gestaltungsformen für breite Rezipientenkreise am verständlichsten waren.
Mit seinen stark appellativ wirkenden Agitatationsplakaten aus der Frühphase des Bürgerkriegs wurde der Stil Apsits zunehmend lakonischer und konzentrierte sich auf wesentliche Propagandainhalte. Anstelle allegorischer Darstellungen verwendete Apsit vor allem realistische Motive, Figuren in Großaufnahme und in dynamischer Position.
Eine Meisterleistung in puncto lakonische Bildgestaltung und Agitationskraft erzielte Apsit mit dem Plakat "Mit der Brust [unter Einsatz des eigenen Lebens] Petrograd schützen". Das Plakat entstand in der militärisch äußerst kritischen Lage im Herbst 1919, als Truppen General Judeničs auf Petrograd vorrückten. In nur 24 Stunden fertigte Apsit das Original an, das als monochrome Lithographie vervielfältigt wurde. Die Gefährlichkeit der Situation und die unmittelbare Plausibilität des Appells erforderten keine allegorische, sondern eine unmittelbar einsichtige graphische Lösung, d.h. eine realistisch wirkende Darstellung der Verteidiger Petrograds. Der Künstler präsentierte diese in Großaufnahme, wodurch einerseits die emotionale Wirkung des Plakats gesteigert, andererseits der Eindruck unbedingter Entschlossenheit hervorgerufen wurde. Dieser Eindruck sollte durch eine asketische Farbgebung noch verstärkt werden. Auch trug die kompositorische Gestaltung mit ihrer starken Betonung einer perspektivischen Reihung der Soldatenfiguren zu diesem Effekt bei. Das Plakat wurde damit zum Appell par excellence, der verzweifelte Aufruf der Soldaten nahm in der Losung Gestalt an. Die Bleistiftzeichnung verlieh der Darstellung noch zusätzlich dokumentarischen Charakter. Durch seine starke Emotionalität und Expressivität fügte sich dieses Plakat in die Reihe klassischer Werke der Agitationskunst ein und übte auf ganze Generationen von Plakatkünstlern einen starken Einfluß aus.
In den Jahren 1918 - 1919 entwarf Apsit eine große Anzahl von Plakaten, die er unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlichte (Aspid, A-t, A. Petrov, Skif). Seine Tätigkeit als einer der führenden Plakatkünstler der Revolution riß jedoch plötzlich ab; 1919 verließ Apsit während des Vormarsches General Denikins fluchtartig Moskau, dann verlieren sich zunächst seine Spuren. Nach dem Bürgerkrieg tauchte Apsit wieder in seiner alten Heimat Lettland auf, wo er seine Arbeit vor allem als Buchillustrator fortsetzte. An die künstlerischen Erfolge der Jahre 1918 - 1919, mit denen er seinen bedeutenden Beitrag zur Geschichte der sowjetischen Agitationskunst leistete, konnte er jedoch nicht anschließen. 1939 übersiedelte Apsit in das nationalsozialistische Deutschland, wo er auch 1944 starb. Über seine letzten Lebensjahre ist nur wenig bekannt. In der UdSSR wurde Apsit in den 30er und 40er Jahren verfemt und seine Plakatkunst wegen ihres traditionellen und vor allem allegorischen Charakters gebrandmarkt. Erst in den 60er Jahren sollte Aleksandr Apsit in der Sowjetunion künstlerisch wieder rehabilitiert werden.